Welch faszinierende und im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Landschaft wir heute in vollen Zügen genießen konnten! Die seichten Erhebungen, von denen ich gestern bereits so schwärmte, umgaben uns, während wir auf schmalen Trampelpfaden oder matschigen Wegen durch das Gelände wanderten. […] Von oben betrachtet sahen die Erhebungen so harmonisch aus, dass sie wie Dünen wirkten und wir uns wie in einer bis zum Horizont reichenden, grünen Wüste fühlten.
Als wir den Zielpunkt unserer Wanderung erreicht hatten, brach die Landschaft gen Norden hin erneut mit sich selbst. Ein rasanter Abstieg markierte den Beginn einer geschätzt 500m tiefer gelegenen Ebene. Gespickt mit vielen kleinen, charaktervollen Zacken, die wie dutzende braune Sahnetupferl die Fläche dekorierten, erstreckte sie sich in ungeahnte Weiten und schien sich dabei in der Unendlichkeit zu verlieren. Wir konnten große Schafsherden erkennen, die von ihren Hirten umhergetrieben wurden, und in der Ferne, irgendwo kurz vor dem Horizont, blickten wir auf Turkmenistan.
Auch wenn diese wahnsinnig schönen und unerwartet spektakulären Eindrücke aus der Natur alles andere in den Schatten stellten, konnte uns auch das Ausflugsziel begeistern. Am Schrein des Chaled Nabi, Namensgeber der gesamten Stätte, wird um einen arabischen Geistlichen getrauert. Viel interessanter war jedoch der umliegende Friedhof, der entstand, lange bevor sich hier eine der Buchreligionen durchsetzen konnte. Auf einem grünen Hang stehen in unregelmäßigen Abständen große, teils über 2m hohe Steelen [sic!] aus Stein, die [an menschliche …] Geschlechtsorgane [erinnern …]. Vor dem bereits beschriebenen Hintergrund ergaben sich vor allem im Licht der tiefer stehenden Sonne wirklich epische Motive.
Weil es uns heute so umgehauen hat, durch diese Gegend zu wandern, und auch weil die Wettervorhersage noch einmal Sonne prognostiziert, haben wir uns bereits entschieden, um eine Nacht zu verlängern und den Heiligen Abend in dieser abgeschiedenen und friedlichen Region zu verbringen. Weihnachtstelefonate müssen dann warten. Eine Internetverbindung oder stabilen Handyempfang haben wir hier nämlich nicht.