Die schönste Begegnung des Tages hatten wir heute definitiv zusammen mit Amina*. Während unseres Streifzuges durch die sandigen Gassen von Naschtifan näherte sich uns das etwa 9jährige Mädchen an ohne irgendwelche Hemmungen zu zeigen. Als sie freudestrahlend vor uns stand und uns herzlichst anlächelte, brach ein kaum noch zu stoppender Redeschwall aus ihr heraus. Ein schnell gesprochener Satz reihte sich an den nächsten. So dauerte es etwas bis wir ihr verständlich machen konnten, dass wir leider nichts von ihrem Farsi verstehen konnten. Mit etwas Mühe schafften wir es, unsere Namen auszutauschen und ihr zu erklären, dass wir zwei Nächte in der Unterkunft von Puryaghub – wie sich später heurausstellen sollte, der Bruder ihres Großvaters – verbringen. Ganz schnell kehrte diese bedingungslose Begeisterung zurück in ihre Mimik und sichtlich erfreut über die gelungene Minimal-Konversation verabschiedete sich Amina* mit einem breiten Grinsen und einem „choda hafez“ (= Auf Wiedersehen) von uns.
Es war natürlich nicht das einzige Zusammentreffen mit den Bewohnern des unerwartet großen Dorfes. Insbesondere die Frauen lächelten uns immer wieder mal freundlich zu, einige sprachen sogar Alex an, versuchten interessiert herauszufinden, woher wir kommen oder wie wir heißen.
Viele der Männer beobachteten wir dabei wie sie häufig zu zweit oder zu dritt vor einem Haus auf dem Boden saßen und in dieser Position schon seit Stunden zu verharren schienen. Auch von ihnen ernteten wir meistens ein nett gemeintes „Salaam“ (= Hallo).
Wirklich spannend finde ich die Kleidung der Menschen. Frauen sind stets in einen Tschaddor gehüllt, verschwinden dabei fast ganz unter dem schwarzen oder dunkelblauen Tuch. Selbst die kleinen Mädchen, die gerade von der Schule nach hause [sic!] liefen, trugen allesamt ein weißes Kopftuch. Bei den Herren geht es etwas vielfältiger zu. So gibt es Männer, die sich in ein komplett weißes Gewand kleiden und dieses mit einer überlangen, hellbraunen Weste kombinieren. Andere wiederum tragen ein unauffälliges Sacko [sic!] und darunter einen dünnen Strickpulli sowie ein hellblaues Hemd. Dazu gehört entweder eine normale Anzugshose oder aber eben eine dieser im Schritt fast bis zum Boden fallenden Araber-Hosen, die ich schon in Şanlıurfa beschrieben hatte. Auch auf dem Kopf vieler Herren sehen wir spannende Objekte. Kreisrunde Kappen, geformt wie ein gerade einmal 10cm hoher Zylinder, schmücken die Häupter so mancher Einwohner. Noch ausgefallener sind die weißen Turbane, hier unter dem Namen Langotah bekannt, die vor allem von der älteren Generation getragen werden. Zusammen mit der von der Sonne über ein Leben hinweg gegerbten Haut und langen grau-weißen Rauschebärten entstehen so interessante und äußerst ausdrucksstarke Gesichter.