Unerwartet schnell und auch unkompliziert verlief der Rest unserer Reise. Vom Hotel in Tschabahar bis in die neue Unterkunft in Bandar Abbas benötigten wir 9,5 Stunden. Der erste Sammeltaxi-Fahrer des Tages hatte uns über die Preise der nächsten Abschnitte informiert. So entfiel das manchmal lästige Erfragen und Verhandeln. Außerdem wurden wir in den beiden Zwischenstationen Dschask und Minab direkt an das nächste Savari übergeben, mussten also nur in ein anderes Auto umsteigen. Zwei der Fahrgäste, die sich zusammen mit uns ab Konarak auf den Weg gemacht hatten, wollten ebenfalls nach Bandar Abbas. So mussten wir nicht einmal auf weitere Menschen warten, blieben allerdings auch die gesamte Fahrt mit dem Kautabak-Süchtigen in einem Auto. Nach und nach füllte er eine transparente Plastik-Flasche mit seinem rot eingefärbten Auswurf.
Tschabahar sowie auch weite Strecken des gestrigen Weges waren etwas ganz besonderes [sic!], weil sich der Iran dort von einer komplett anderen Seite zeigte. Es war als ob wir durch Mosambik oder Tansania fahren beziehungsweise laufen würden. Das warme, maritime Klima sowie insbesondere die Kombination aus Sand und Palmen auf der einen und kleinen Dörfern aus Strohhütten oder lieblos gemauerten Kleinsthäusern auf der anderen Seite weckten Erinnerungen an Südost-Afrika. In Iranschahr und Tschabahar beobachteten wir zum ersten Mal im Iran vollverschleierte Frauen. Solche mit Niqab verhüllten Gesichter, von denen nur noch die Augen zu sehen sind, waren uns auch in großer Vielzahl auf Sansibar begegnet. Als wir uns dann gestern nach Westen bewegten, mischten sich bunte Tücher unter die Kleidungsstücke der Frauen, ganz ähnlich wie wir es vor zwei Jahren an der afrikanischen Ostküste erlebt hatten.
Am Freitag unternahmen wir einen Ausflug und näherten uns dabei der ohnehin schon nicht allzu entfernten Grenze nach Pakistan um weitere 40km an. Die als Marsberge bekannten Felsstrukturen hatten uns angelockt und konnten uns nach kurzer Wanderung von der Küstenstraße vollständig umgeben. Ähnlich wie der Balg eines Akkordeons waren die kleinen Berge von tiefen und zumeist regelmäßig verlaufenden Falten durchzogen. Das poröse Material aus Ton und Kalkstein warf das Licht der Sonne in grellen Weißtönen zurück. Die südlichen Ausläufer dieser bizarren Erhebungen reichten fast bis zum Meer. Doch dazwischen war noch genügend Platz für einen Strand aus feinstem Sand. Bei einem kleinen Spaziergang umspielte das heranrauschende Wasser unsere Füße. Wenn es zurück in den Ozean lief, bildeten sich viele v-förmige Muster auf dem Boden. Die gesamte Brandungszone war von kleinen Schnecken übersät, die langsam vor sich hinkrochen oder sich mit panischen Bewegungen aus dem Sand freischaufelten, sobald wir unseren Fuß in deren Nähe aufsetzten. Ein paar andere Menschen waren ebenfalls gekommen, um den Sonnenuntergang und die friedliche Stimmung des Meeres zu genießen, verteilten sich auf dem kilometerlangen Strandabschnitt aber ganz gut. Badehosen oder gar Bikinis gab es nicht zu sehen. Auch an der Küste des Golfes von Oman wird die Kleiderordnung eingehalten. Männer trugen das belutschische Hemd, Frauen einen Tschaddor. Nur ein oder zwei kleine Kinder gingen zum Baden ins Meer.