Nun klingt es so als sei alles in Behbahan absolut schlimm gewesen. Das war natürlich bei Weitem nicht so. Tiam* war ein eher ruhiger Charakter und interessiert an seiner Umgebung. Er reist gerne durch sein eigenes Land, er kümmert sich um die Umwelt. Zum ersten Mal sah ich wie jemand fremden Plastik-Müll vom Boden aufhob. Er hat ziemlich konkrete, politische Vorstellungen, verachtet den Islam in all seinen Formen. Anders als sein enger Freund Malik*, der von sozialistischen Ideen gepackt ist, wünscht sich Tiam* den Schah beziehungsweise dessen Sohn zurück. Es sei die einzige realistische Machtalternative zum derzeitigen Regime. „Ein Jahr noch“, würde es dauern bis zum Umsturz, „Vielleicht auch zwei…“. Das sagte er immer wieder. Im Gegensatz zu allen anderen Meckerern und Nörglern, die wir zuvor getroffen haben und die sich eine Revolution lieber gestern als heute wünschen würden, spricht Tiam* davon aber nicht nur im Privaten. Bis zum Äußersten stritt er sich mit einem gläubigen Moslem, der uns im Sammel-Taxi begleitete. In einem Land, in dem man für „Abfall vom islamischen Glauben“ den Strick sehen kann, gehört eine gewaltige Portion Mumm dazu, solche Positionen auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Darüber hinaus nahmen wir aus Behbahan massenweise interessante Eindrücke mit. Hier in Chuzestan haben wir tatsächlich den Frühling gefunden! Die Temperaturen sind angenehm warm. Alles ist grün, von saftigen Gras-Wiesen überzogen. Dazu gesellen sich verschiedenste Blumen in Rot, Blau oder Flieder. Rapsfelder erstrahlen in intensivem Gelb.
Im Osten der Provinz bei Behbahan ist es leicht hügelig und dadurch wunderschön. Zusammen mit Malik* und Tiam* besuchten wir einen kleinen Stausee, der sich in zwei engen Kurven um die Erhebungen windet. Gestern fuhren wir zu einem Canyon, der mit einigen Höhlen und Felsvorsprüngen Unterschlupf vor Regen oder Sonne bietet. Auch hier war alles bezaubernd grün.
Auf dem Weg Richtung Westen verschwanden die Hügel allmählich und gaben letztlich Platz für eine komplett flache Ebene, die mit Lagunen und Sumpfflächen gespickt beinahe Teil des Persischen Golfes sein könnte.
Von anderen Dingen, unter anderem von der Hochzeit, berichte ich später. Jetzt möchten wir zunächst einmal Abadan erkunden.