In Abadan ging es für uns gestern mit einem Taxi los, das uns zum Busterminal brachte. Weil wir dort aber erfolglos nach einem geeigneten Transport für uns suchten, waren wir auf die Hilfe eines jungen Mannes angewiesen, der uns zum Stand für Sammel-Taxis fuhr. Dort angekommen waren wir direkt umgeben von energetisch auftretenden Taxi-Fahrern, konnten uns aber aus dem Trubel befreien und letztlich mit zwei weiteren, in schwarze Tschaddors gehüllten Frauen in ein Savari einsteigen. Die etwa einstündige Fahrt auf einer immer geradeaus verlaufenden Schnellstraße nach Ahwaz verlief glatt und unaufgeregt. Als wir die Provinzhauptstadt erreichten, überschlugen sich jedoch die Ereignisse.

Schon während wir am Terminal einfuhren, rannten Männer wie wild neben unserem Taxi her und wollten, dass wir mit ihnen die Reise fortsetzen. Mit einer Gruppe von Taxi-Fahrern sprachen wir darüber, dass wir in Richtung Susangerd gebracht werden wollten. Niemand von ihnen hatte vermutlich die Absicht uns bis dorthin zu chauffieren. Doch keiner gab sich die Mühe dies zu erklären und so vereinbarten wir einen Preis von 5.000 Toman (≈ 0,37€) pro Person. Für die 110km von Abadan nach Ahwaz hatten wir 12.500 Toman (≈ 0,93€) pro Person gezahlt. Als wir dann aber nicht bis nach Susangerd fuhren, sondern bereits nach 3km einen anderen Taxi-Stand ansteuerten und unser Fahrer tatsächlich auf seine 100.000 Rial für diese kurze Mini-Strecke bestand, kochte die Wut in mir hoch. Beim sich anschließenden Wortgefecht bekam der Halsabschneider natürlich direkt Unterstützung von allen anwesenden Kollegen, sodass wir kleinbei geben mussten und die hitzige Szenerie verließen.
Um [uns] etwas abzukühlen und zu neuen Kräften zu kommen, suchten wir den nächsten Imbiss auf und bestellten anhand einiger an der Wand hängender Bilder eine Portion Reis mit Hühnchen. Serviert bekamen wir stattdessen zwei Gerichte – was noch ein Missverständnis hätte sein können – und zusätzlich jeweils eine Suppe. Salat und Joghurt ließen wir wieder zurückgehen. Dass all die vorgespielte Nettigkeit nur eine Masche war, um uns kräftig auszunehmen, wurde erst zum Schluss klar, als der Kassierer 85.000 Toman (≈ 6,35€) verlangte. 85.000! Die Umrechnung zum Euro wirft hier ein falsches Licht auf die Situation und kaschiert den wahnsinnigen Betrug und die riesige Frechheit, die dahinter stehen. 17 Falafel-Sandwiches hätten wir uns für denselben Betrag in Schiraz kaufen können, oder 9 Stunden Privat-Unterricht bei einem Englisch-Lehrer in Kerman oder gar 85 Liter Sprit an jeder beliebigen Tankstelle im ganzen Land.
Nachdem wir diesen Laden verlassen hatten und ich an mich hatte halten müssen nicht vollends auszurasten, waren wir fertig mit Ahwaz; Ahwaz allerdings noch nicht mit uns. Der Gang durch die belebten Straßen der großen Stadt, bei dem wir sogar darüber nachdachten die gesamte Provinz Chuzestan direkt zu verlassen, glich einem Spießroutenlauf. Wildfremde Menschen schrien uns aus weiter Entfernung zu, weil sie ein Foto mit uns machen wollten. Andere wiederum gafften uns einfach schräg an. Von der Seite warben Taxis mit ihrer Hupe um unsere Aufmerksamkeit. Selbst als wir uns völlig verzweifelt und am emotionalen Tiefpunkt angelangt an eine schattige Mauer setzten, nahm der Trubel kein Ende. Erneut traten Männer an uns heran, wollten helfen, uns in ihren Shop einladen oder uns irgendwo hinfahren. Es war keine Entspannung und kein Rückzugsort in Sicht. Am schlimmsten war ein Junge, der uns auf seinem Fahrrad überall hin folgte, sich in Gespräche einmischte, die wir mit anderen Menschen führten und der sich auch durch mehrmalige, deutliche Zurückweisungen nicht abschütteln ließ. Schon vor dem Mittagessen hatte er uns entdeckt und zog fortan, und bis zu unserer letzten Minute in Ahwaz, seine Kreise um uns.
Lediglich die Flucht nach vorne blieb uns übrig. An diesem Ort konnten wir nicht länger bleiben. Und so marschierten wir zur Ortsausgangsstraße nach Susangerd und stiegen in das erstbeste Taxi ein. Den jungen Fahrer konnten wir am Ende der Tour noch überreden, einige Extra-Kilometer für uns einzulegen und uns bis in das kleine Dorf Bardieh zu bringen.
Kurz vor unserem Ziel, einem Gasthaus in Form traditioneller Großraum-Zelte, den Mozifs, von dem ich in einem Blog-Eintrag gelesen hatte, kam erneut Ernüchterung auf. Vor einigen Monaten sei die Unterkunft abgebrannt, versuchte uns ein junger Herr mit dem englischen Wort „Fire“ zu erklären. Er lud uns in seinen Wagen ein und transportierte uns ins 2km entfernte Bardieh Kutschek, einem noch winzigeren Ableger des Dorfes. Am Eingang der Siedlung stand zwar ein großes Mozif, vom Eigentümer jedoch keine Spur. Stattdessen trudelten nach und nach Cousins und Onkel unserer Bekanntschaft aus der Nachbargemeinde ein. Einer von ihnen, Sayyid Sharif*, sprach etwas Englisch. Energisch riet er uns von dem Zelt ab. Es werde zu kalt in der Nacht, so führte er aus und er bat uns quasi darum, dass wir die Nacht bei ihm oder seinem Onkel Sayyid Akif* verbringen.
Insbesondere nach den Ereignissen dieses Tages war es unendlich schwierig für mich, mich darauf einzulassen. Ich war mir sicher, dass es nur wieder um Geld gehen könne und hatte keine Ahnung, dass echte und ehrlich gemeinte Gastfreundschaft hinter den Angeboten stand. Zudem waren wir äußerst erschöpft und sehnten uns in diesem Moment nach Ruhe. Es war die Sonne alleine, die in dieser Situation als roter Feuerball nur wenige Meter über dem Horizont der flachen Ebene stand, welche die Entscheidung für uns traf. Es war zu spät dafür noch irgendwo anders hinzukommen und so willigten wir ein. Wie sich herausstellen sollte, war es das Beste, was hätte passieren können.
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… und sehe mich als abenteuerfreudigen und neugierigen Reisenden. Dabei faszinieren mich ganz besonders Begegnungen bei der Fahrt per Anhalter, Navigation mit Karte und Grenzübertritte jeder Art.
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