Rituelle Waschung in einer Moschee

Rituelle Waschung in einer Moschee

Journal

Im Zustand der völligen Erschöpfung, entstanden durch die Ereignisse der vergangenen 36 Stunden, kam um 18Uhr plötzlich die Idee auf heute Abend noch eine Hochzeit zu besuchen. Ähnlich wie damals in Sari ketten sich hier in Behbahan die Situationen und Erlebnisse nur so aneinander, dass sie wie im Rausch an mir vorbeizuziehen scheinen. Genau so neugierig ich darauf bin eine iranische Hochzeit kennenzulernen, genau so müde und ausgelaugt fühle ich mich leider gerade und es fällt mir äußerst schwer mich auf diese Party-Nacht einzulassen.
Im Zustand der völligen Erschöpfung, entstanden durch die Ereignisse der vergangenen 36 Stunden, kam um 18Uhr plötzlich die Idee auf heute Abend noch eine Hochzeit zu besuchen. Ähnlich wie damals in Sari ketten sich hier in Behbahan die Situationen und Erlebnisse nur so aneinander, dass sie wie im Rausch an mir vorbeizuziehen scheinen. Genau so neugierig ich darauf bin eine iranische Hochzeit kennenzulernen, genau so müde und ausgelaugt fühle ich mich leider gerade und es fällt mir äußerst schwer mich auf diese Party-Nacht einzulassen.
Um der Dinge irgendwie Herr zu werden, ist auf der nächsten Seite ein Zeitstrahl entstanden, der die ereignisreichen Stunden vom Besuch der Pinken Moschee bis zum Einchecken ins Hotel Azadi gestern Abend darstellen soll. Ganz gut ersichtlich wird die Menge an verschiedenen Erlebnissen und auch wie unregelmäßig wir Zugang zu Nahrungsmitteln erlangen konnten. Nicht abgebildet ist wie viele Personen wir in dem kurzen Zeitraum kennenlernten. Mit diversen Freunden, Onkeln, Tanten oder Cousins unseres Gastgebers Tiam* schüttelten wir Hände; mit einigen verstanden wir uns richtig gut. So zum Beispiel mit Malik*, der in angenehm zurückhaltender Weise eine innere Herzlichkeit ausstrahlte. Vor drei Jahren pflanzte er gut 10km von Behbahan entfernt einen Beerenstrauch, taufte ihn „Baum der Hoffnung“, und kümmert sich seither mit großer Hingabe um ihn.
Ebenfalls aus dem Zeitstrahl nicht zu ersehen ist mit welcher Ohnmacht wir als passive Teilnehmer diesem Programm beiwohnten und wie chancenlos wir waren auch nur einen kleinen Einfluss auf den Ablauf zu nehmen. Als Tiam* uns vom Busbahnhof in Behbahan abholte, sammelten wir Malik* und seine Freundin Taraneh* ein und fuhren direkt zu Amir*, wo die erste kleine Privat-Fete stieg. Zum Haus von Tiams* Familie kamen wir zum ersten Mal erst nachts gegen halb Drei. Die Idee mit der Hochzeit entstand – wie schon beschrieben – recht plötzlich durch einen Telefonanruf eines Freundes um kurz nach 18Uhr abends. Ob wir darauf überhaupt Lust hatten, wurden wir nie gefragt. Es war einfach der neue Plan.
Auch gestern, nachdem unser Versuch Bustickets nach Abadan zu kaufen gescheitert war, wurde es noch einmal wild. Obwohl er uns zwei Stunden zuvor davon abgeraten hatte, die Strecke per Anhalter zurückzulegen, weil dies zu gefährlich sei, entschied sich Tiam* plötzlich dafür mit uns zusammen nach Abadan zu trampen, um dort Familie von ihm zu besuchen. Es ist möglich, dass Tiam* es nur gut meinte und uns so eine Möglichkeit kreieren wollte zusammen mit ihm als Local doch noch am gleichen Tag und sicher nach Abadan zu gelangen. Er verpasste es aber immer, seine Pläne wenigstens ein bisschen zu erklären und auch auf Nachfragen hin bekamen wir nur selten Infos, die uns die Lage besser beschrieben. Deshalb fühlte es [sich] für mich manchmal so an als sei ich gefangen und jedem Mitspracherecht beraubt worden.
Neben Tiams* individueller Persönlichkeit spielen dabei vermutlich auch ganz grundsätzliche, kulturelle Unterschiede eine Rolle. Es ist ja schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass ich mich so gefühlt habe. Schon häufig haben wir erlebt, dass es sich im Iran kaum lohnt, konkrete Tagespläne zu schmieden, weil es dann ohnehin anders kommt, als wir es erwartet hatten. Busse brauchen Stunden länger als gedacht, um ihr Ziel zu erreichen, Feiertage, Wochenenden und ausgiebige Siesta-Zeiten erschweren uns das Leben und vor allem die Menschen um uns herum sind konstant damit beschäftigt ihre eigenen Pläne wieder umzuschmeißen.
Um der Dinge irgendwie Herr zu werden, ist auf der nächsten Seite ein Zeitstrahl entstanden, der die ereignisreichen Stunden vom Besuch der Pinken Moschee bis zum Einchecken ins Hotel Azadi gestern Abend darstellen soll. Ganz gut ersichtlich wird die Menge an verschiedenen Erlebnissen und auch wie unregelmäßig wir Zugang zu Nahrungsmitteln erlangen konnten. Nicht abgebildet ist wie viele Personen wir in dem kurzen Zeitraum kennenlernten. Mit diversen Freunden, Onkeln, Tanten oder Cousins unseres Gastgebers Tiam* schüttelten wir Hände; mit einigen verstanden wir uns richtig gut. So zum Beispiel mit Malik*, der in angenehm zurückhaltender Weise eine innere Herzlichkeit ausstrahlte. Vor drei Jahren pflanzte er gut 10km von Behbahan entfernt einen Beerenstrauch, taufte ihn „Baum der Hoffnung“, und kümmert sich seither mit großer Hingabe um ihn.
Ebenfalls aus dem Zeitstrahl nicht zu ersehen ist mit welcher Ohnmacht wir als passive Teilnehmer diesem Programm beiwohnten und wie chancenlos wir waren auch nur einen kleinen Einfluss auf den Ablauf zu nehmen. Als Tiam* uns vom Busbahnhof in Behbahan abholte, sammelten wir Malik* und seine Freundin Taraneh* ein und fuhren direkt zu Amir*, wo die erste kleine Privat-Fete stieg. Zum Haus von Tiams* Familie kamen wir zum ersten Mal erst nachts gegen halb Drei. Die Idee mit der Hochzeit entstand – wie schon beschrieben – recht plötzlich durch einen Telefonanruf eines Freundes um kurz nach 18Uhr abends. Ob wir darauf überhaupt Lust hatten, wurden wir nie gefragt. Es war einfach der neue Plan.
Auch gestern, nachdem unser Versuch Bustickets nach Abadan zu kaufen gescheitert war, wurde es noch einmal wild. Obwohl er uns zwei Stunden zuvor davon abgeraten hatte, die Strecke per Anhalter zurückzulegen, weil dies zu gefährlich sei, entschied sich Tiam* plötzlich dafür mit uns zusammen nach Abadan zu trampen, um dort Familie von ihm zu besuchen. Es ist möglich, dass Tiam* es nur gut meinte und uns so eine Möglichkeit kreieren wollte zusammen mit ihm als Local doch noch am gleichen Tag und sicher nach Abadan zu gelangen. Er verpasste es aber immer, seine Pläne wenigstens ein bisschen zu erklären und auch auf Nachfragen hin bekamen wir nur selten Infos, die uns die Lage besser beschrieben. Deshalb fühlte es [sich] für mich manchmal so an als sei ich gefangen und jedem Mitspracherecht beraubt worden.
Neben Tiams* individueller Persönlichkeit spielen dabei vermutlich auch ganz grundsätzliche, kulturelle Unterschiede eine Rolle. Es ist ja schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass ich mich so gefühlt habe. Schon häufig haben wir erlebt, dass es sich im Iran kaum lohnt, konkrete Tagespläne zu schmieden, weil es dann ohnehin anders kommt, als wir es erwartet hatten. Busse brauchen Stunden länger als gedacht, um ihr Ziel zu erreichen, Feiertage, Wochenenden und ausgiebige Siesta-Zeiten erschweren uns das Leben und vor allem die Menschen um uns herum sind konstant damit beschäftigt ihre eigenen Pläne wieder umzuschmeißen.
Nun klingt es so als sei alles in Behbahan absolut schlimm gewesen. Das war natürlich bei Weitem nicht so. Tiam* war ein eher ruhiger Charakter und interessiert an seiner Umgebung. Er reist gerne durch sein eigenes Land, er kümmert sich um die Umwelt. Zum ersten Mal sah ich wie jemand fremden Plastik-Müll vom Boden aufhob. Er hat ziemlich konkrete, politische Vorstellungen, verachtet den Islam in all seinen Formen. Anders als sein enger Freund Malik*, der von sozialistischen Ideen gepackt ist, wünscht sich Tiam* den Schah beziehungsweise dessen Sohn zurück. Es sei die einzige realistische Machtalternative zum derzeitigen Regime. „Ein Jahr noch“, würde es dauern bis zum Umsturz, „Vielleicht auch zwei…“. Das sagte er immer wieder. Im Gegensatz zu allen anderen Meckerern und Nörglern, die wir zuvor getroffen haben und die sich eine Revolution lieber gestern als heute wünschen würden, spricht Tiam* davon aber nicht nur im Privaten. Bis zum Äußersten stritt er sich mit einem gläubigen Moslem, der uns im Sammel-Taxi begleitete. In einem Land, in dem man für „Abfall vom islamischen Glauben“ den Strick sehen kann, gehört eine gewaltige Portion Mumm dazu, solche Positionen auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Darüber hinaus nahmen wir aus Behbahan massenweise interessante Eindrücke mit. Hier in Chuzestan haben wir tatsächlich den Frühling gefunden! Die Temperaturen sind angenehm warm. Alles ist grün, von saftigen Gras-Wiesen überzogen. Dazu gesellen sich verschiedenste Blumen in Rot, Blau oder Flieder. Rapsfelder erstrahlen in intensivem Gelb.
Im Osten der Provinz bei Behbahan ist es leicht hügelig und dadurch wunderschön. Zusammen mit Malik* und Tiam* besuchten wir einen kleinen Stausee, der sich in zwei engen Kurven um die Erhebungen windet. Gestern fuhren wir zu einem Canyon, der mit einigen Höhlen und Felsvorsprüngen Unterschlupf vor Regen oder Sonne bietet. Auch hier war alles bezaubernd grün.
Auf dem Weg Richtung Westen verschwanden die Hügel allmählich und gaben letztlich Platz für eine komplett flache Ebene, die mit Lagunen und Sumpfflächen gespickt beinahe Teil des Persischen Golfes sein könnte.

Von anderen Dingen, unter anderem von der Hochzeit, berichte ich später. Jetzt möchten wir zunächst einmal Abadan erkunden.

Nun klingt es so als sei alles in Behbahan absolut schlimm gewesen. Das war natürlich bei Weitem nicht so. Tiam* war ein eher ruhiger Charakter und interessiert an seiner Umgebung. Er reist gerne durch sein eigenes Land, er kümmert sich um die Umwelt. Zum ersten Mal sah ich wie jemand fremden Plastik-Müll vom Boden aufhob. Er hat ziemlich konkrete, politische Vorstellungen, verachtet den Islam in all seinen Formen. Anders als sein enger Freund Malik*, der von sozialistischen Ideen gepackt ist, wünscht sich Tiam* den Schah beziehungsweise dessen Sohn zurück. Es sei die einzige realistische Machtalternative zum derzeitigen Regime. „Ein Jahr noch“, würde es dauern bis zum Umsturz, „Vielleicht auch zwei…“. Das sagte er immer wieder. Im Gegensatz zu allen anderen Meckerern und Nörglern, die wir zuvor getroffen haben und die sich eine Revolution lieber gestern als heute wünschen würden, spricht Tiam* davon aber nicht nur im Privaten. Bis zum Äußersten stritt er sich mit einem gläubigen Moslem, der uns im Sammel-Taxi begleitete. In einem Land, in dem man für „Abfall vom islamischen Glauben“ den Strick sehen kann, gehört eine gewaltige Portion Mumm dazu, solche Positionen auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Darüber hinaus nahmen wir aus Behbahan massenweise interessante Eindrücke mit. Hier in Chuzestan haben wir tatsächlich den Frühling gefunden! Die Temperaturen sind angenehm warm. Alles ist grün, von saftigen Gras-Wiesen überzogen. Dazu gesellen sich verschiedenste Blumen in Rot, Blau oder Flieder. Rapsfelder erstrahlen in intensivem Gelb.
Im Osten der Provinz bei Behbahan ist es leicht hügelig und dadurch wunderschön. Zusammen mit Malik* und Tiam* besuchten wir einen kleinen Stausee, der sich in zwei engen Kurven um die Erhebungen windet. Gestern fuhren wir zu einem Canyon, der mit einigen Höhlen und Felsvorsprüngen Unterschlupf vor Regen oder Sonne bietet. Auch hier war alles bezaubernd grün.
Auf dem Weg Richtung Westen verschwanden die Hügel allmählich und gaben letztlich Platz für eine komplett flache Ebene, die mit Lagunen und Sumpfflächen gespickt beinahe Teil des Persischen Golfes sein könnte.

Von anderen Dingen, unter anderem von der Hochzeit, berichte ich später. Jetzt möchten wir zunächst einmal Abadan erkunden.

Gerade einmal 700m sind es von unserem Hotel bis zum Schatt al-Arab beziehungsweise bis zum Arvandrud, einem gewaltigen Strom, der aus dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris erwächst. In Abadan markiert er eine Staatsgrenze. Am anderen Ufer sahen wir zum ersten Mal den Irak mit eigenen Augen.
Nun noch zu einigen Details aus Behbahan. Zusammen mit Tiams* Freunden wurde erneut ganz offensichtlich wie anders der Iran hinter verschlossener Haustür sein kann. Amir* arbeitet als Untergrund-DJ in Teheran und hatte schweres Equipment im Wohnzimmer aufgebaut. An einer Traverse hingen einige Party-Lampen, aus den großen Boxen ertönte selbst gemischte Musik. Neben hausgemachtem Wein wurden wir auch zu Arak eingeladen, einem klaren, natürlich selbst gebrannten Schnaps, der entweder als „Wodka“ oder mit einem Schuss Malzbier für die Farbe als „Whiskey“ getrunken wurde. Auch auf der zweiten Party, die wir in der Nacht von Donnerstag auf Freitag besuchten, wurde viel Alkohol getrunken. Außerdem liefen ein paar Mädels mit wirklich wuchtigen Formen in viel zu engen, aufreizenden Kleidern umher und waren darüberhinaus im Gesich[t] mit einer massiven Schicht Make-Up bepinselt. Sie hätten genau so auch an einer dunklen Straßenecke in Bahnhofsnähe stehen können.
Die Hochzeit hätte – aus unserer Perspektive betrachtet – trauriger kaum wirken können. Gefeiert wurde in einer riesigen Halle, die sich in drei Säle der immer gleichen Kargheit aus weißen Wänden aufteilte. Der erste war praktisch eine Kantine, mit simplen, ewig langen Tischen, die lieblos in Reih und Glied gestellt worden waren. Hier wurde die Meute mit Reis und Kebab [ge]füttert. Im Hauptsaal waren gleich mehrere Stuhlreihen auf die Tanzfläche hin ausgerichtet. Und das war es auch schon fast in diesem Raum. Eine Theke oder Ähnliches suchte man vergebens. Hin und wieder liefen Menschen mit Wasserflaschen und Plastik-Bechern umher. Getoppt wurde all das aber im dritten Raum. Hier spielte die Live-Band und zwar genau vor niemandem. Die Musik wurde über Mikrofone in den Hauptsaal übertragen. Vermutlich haben wir einfach andere Vorstellungen davon, was solch eine Hochzeitsfeier zu einer schönen werden lässt und was dabei wichtig ist. Hinzu kommen die Regeln der Islamischen Republik. Bis um ungefähr 23Uhr mussten Frauen und Männer getrennt feiern. Der Band ist es schlichtweg verboten im Hauptraum aufzutreten, weil die männlichen Musiker keinen Frauen beim Tanzen zusehen können sollen. Nur die Kopftücher saßen an diesem Abend bei vielen weiblichen Gästen erstaunlich locker oder wurden gar nicht mehr getragen – zumindest solange bis gegen 1Uhr die Lichter ausgingen und die Party zu Ende gehen musste.
Gerade einmal 700m sind es von unserem Hotel bis zum Schatt al-Arab beziehungsweise bis zum Arvandrud, einem gewaltigen Strom, der aus dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris erwächst. In Abadan markiert er eine Staatsgrenze. Am anderen Ufer sahen wir zum ersten Mal den Irak mit eigenen Augen.
Nun noch zu einigen Details aus Behbahan. Zusammen mit Tiams* Freunden wurde erneut ganz offensichtlich wie anders der Iran hinter verschlossener Haustür sein kann. Amir* arbeitet als Untergrund-DJ in Teheran und hatte schweres Equipment im Wohnzimmer aufgebaut. An einer Traverse hingen einige Party-Lampen, aus den großen Boxen ertönte selbst gemischte Musik. Neben hausgemachtem Wein wurden wir auch zu Arak eingeladen, einem klaren, natürlich selbst gebrannten Schnaps, der entweder als „Wodka“ oder mit einem Schuss Malzbier für die Farbe als „Whiskey“ getrunken wurde. Auch auf der zweiten Party, die wir in der Nacht von Donnerstag auf Freitag besuchten, wurde viel Alkohol getrunken. Außerdem liefen ein paar Mädels mit wirklich wuchtigen Formen in viel zu engen, aufreizenden Kleidern umher und waren darüberhinaus im Gesich[t] mit einer massiven Schicht Make-Up bepinselt. Sie hätten genau so auch an einer dunklen Straßenecke in Bahnhofsnähe stehen können.
Die Hochzeit hätte – aus unserer Perspektive betrachtet – trauriger kaum wirken können. Gefeiert wurde in einer riesigen Halle, die sich in drei Säle der immer gleichen Kargheit aus weißen Wänden aufteilte. Der erste war praktisch eine Kantine, mit simplen, ewig langen Tischen, die lieblos in Reih und Glied gestellt worden waren. Hier wurde die Meute mit Reis und Kebab [ge]füttert. Im Hauptsaal waren gleich mehrere Stuhlreihen auf die Tanzfläche hin ausgerichtet. Und das war es auch schon fast in diesem Raum. Eine Theke oder Ähnliches suchte man vergebens. Hin und wieder liefen Menschen mit Wasserflaschen und Plastik-Bechern umher. Getoppt wurde all das aber im dritten Raum. Hier spielte die Live-Band und zwar genau vor niemandem. Die Musik wurde über Mikrofone in den Hauptsaal übertragen. Vermutlich haben wir einfach andere Vorstellungen davon, was solch eine Hochzeitsfeier zu einer schönen werden lässt und was dabei wichtig ist. Hinzu kommen die Regeln der Islamischen Republik. Bis um ungefähr 23Uhr mussten Frauen und Männer getrennt feiern. Der Band ist es schlichtweg verboten im Hauptraum aufzutreten, weil die männlichen Musiker keinen Frauen beim Tanzen zusehen können sollen. Nur die Kopftücher saßen an diesem Abend bei vielen weiblichen Gästen erstaunlich locker oder wurden gar nicht mehr getragen – zumindest solange bis gegen 1Uhr die Lichter ausgingen und die Party zu Ende gehen musste.
Profil

Michael

liebt es zu reisen und dabei die Welt zu beobachten. Während er unterwegs ist, tauscht er alle Hobbies gegen eines ein: Journal führen. Mit exzessiver Akribie malt er stundenlang Karten, gestaltet Übersichts-Tabellen und schreibt Erlebtes nieder.

* Damit ich niemanden in ernsthafte Probleme bringe, habe ich die mit * markierten Personen pseudonymisiert.

Kommentare

Leave a Reply

Profil

Hey, ich bin Michael...

… und sehe mich als abenteuerfreudigen und neugierigen Reisenden. Dabei faszinieren mich ganz besonders Begegnungen bei der Fahrt per Anhalter, Navigation mit Karte und Grenzübertritte jeder Art.
Fast täglich schreibe ich auf diesen Reisen mit großer Hingabe in ein Journal. Mit meiner Kamera halte ich besondere Momente als Foto fest.

Dein Weg zu mir

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar auf den Foto-Seiten: Egal ob Anregungen, Fragen oder Kritik – jedes Feedback von dir ist ein riesiger Motivationsschub für mich!

Gerne kannst du direkt mit mir Kontakt aufnehmen:
Du findest mein Projekt so stark, dass du mich unbedingt finanziell unterstützen möchtest? Dann gibt es tatsächlich eine Möglichkeit 🙂

News

Launch der digitalen Ausstellung

Zeitgleich mit dem Beginn der analogen Ausstellung in der TurnVilla, startet heute auch die digitale Ausstellung auf dieser Website. Ab

Die Ausstellung ist eröffnet!

Seit heute sind die 11 Motive dieser Foto-Ausstellung in der TurnVilla des TV Emsdetten zu sehen! Außerdem hängen dort die

Journal

Im Zustand der völligen Erschöpfung, entstanden durch die Ereignisse der vergangenen 36 Stunden, kam um 18Uhr plötzlich die Idee auf heute Abend noch eine Hochzeit zu besuchen. Ähnlich wie damals in Sari ketten sich hier in Behbahan die Situationen und Erlebnisse nur so aneinander, dass sie wie im Rausch an mir vorbeizuziehen scheinen. Genau so neugierig ich darauf bin eine iranische Hochzeit kennenzulernen, genau so müde und ausgelaugt fühle ich mich leider gerade und es fällt mir äußerst schwer mich auf diese Party-Nacht einzulassen.
Im Zustand der völligen Erschöpfung, entstanden durch die Ereignisse der vergangenen 36 Stunden, kam um 18Uhr plötzlich die Idee auf heute Abend noch eine Hochzeit zu besuchen. Ähnlich wie damals in Sari ketten sich hier in Behbahan die Situationen und Erlebnisse nur so aneinander, dass sie wie im Rausch an mir vorbeizuziehen scheinen. Genau so neugierig ich darauf bin eine iranische Hochzeit kennenzulernen, genau so müde und ausgelaugt fühle ich mich leider gerade und es fällt mir äußerst schwer mich auf diese Party-Nacht einzulassen.
Um der Dinge irgendwie Herr zu werden, ist auf der nächsten Seite ein Zeitstrahl entstanden, der die ereignisreichen Stunden vom Besuch der Pinken Moschee bis zum Einchecken ins Hotel Azadi gestern Abend darstellen soll. Ganz gut ersichtlich wird die Menge an verschiedenen Erlebnissen und auch wie unregelmäßig wir Zugang zu Nahrungsmitteln erlangen konnten. Nicht abgebildet ist wie viele Personen wir in dem kurzen Zeitraum kennenlernten. Mit diversen Freunden, Onkeln, Tanten oder Cousins unseres Gastgebers Tiam* schüttelten wir Hände; mit einigen verstanden wir uns richtig gut. So zum Beispiel mit Malik*, der in angenehm zurückhaltender Weise eine innere Herzlichkeit ausstrahlte. Vor drei Jahren pflanzte er gut 10km von Behbahan entfernt einen Beerenstrauch, taufte ihn „Baum der Hoffnung“, und kümmert sich seither mit großer Hingabe um ihn.
Ebenfalls aus dem Zeitstrahl nicht zu ersehen ist mit welcher Ohnmacht wir als passive Teilnehmer diesem Programm beiwohnten und wie chancenlos wir waren auch nur einen kleinen Einfluss auf den Ablauf zu nehmen. Als Tiam* uns vom Busbahnhof in Behbahan abholte, sammelten wir Malik* und seine Freundin Taraneh* ein und fuhren direkt zu Amir*, wo die erste kleine Privat-Fete stieg. Zum Haus von Tiams* Familie kamen wir zum ersten Mal erst nachts gegen halb Drei. Die Idee mit der Hochzeit entstand – wie schon beschrieben – recht plötzlich durch einen Telefonanruf eines Freundes um kurz nach 18Uhr abends. Ob wir darauf überhaupt Lust hatten, wurden wir nie gefragt. Es war einfach der neue Plan.
Auch gestern, nachdem unser Versuch Bustickets nach Abadan zu kaufen gescheitert war, wurde es noch einmal wild. Obwohl er uns zwei Stunden zuvor davon abgeraten hatte, die Strecke per Anhalter zurückzulegen, weil dies zu gefährlich sei, entschied sich Tiam* plötzlich dafür mit uns zusammen nach Abadan zu trampen, um dort Familie von ihm zu besuchen. Es ist möglich, dass Tiam* es nur gut meinte und uns so eine Möglichkeit kreieren wollte zusammen mit ihm als Local doch noch am gleichen Tag und sicher nach Abadan zu gelangen. Er verpasste es aber immer, seine Pläne wenigstens ein bisschen zu erklären und auch auf Nachfragen hin bekamen wir nur selten Infos, die uns die Lage besser beschrieben. Deshalb fühlte es [sich] für mich manchmal so an als sei ich gefangen und jedem Mitspracherecht beraubt worden.
Neben Tiams* individueller Persönlichkeit spielen dabei vermutlich auch ganz grundsätzliche, kulturelle Unterschiede eine Rolle. Es ist ja schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass ich mich so gefühlt habe. Schon häufig haben wir erlebt, dass es sich im Iran kaum lohnt, konkrete Tagespläne zu schmieden, weil es dann ohnehin anders kommt, als wir es erwartet hatten. Busse brauchen Stunden länger als gedacht, um ihr Ziel zu erreichen, Feiertage, Wochenenden und ausgiebige Siesta-Zeiten erschweren uns das Leben und vor allem die Menschen um uns herum sind konstant damit beschäftigt ihre eigenen Pläne wieder umzuschmeißen.
Um der Dinge irgendwie Herr zu werden, ist auf der nächsten Seite ein Zeitstrahl entstanden, der die ereignisreichen Stunden vom Besuch der Pinken Moschee bis zum Einchecken ins Hotel Azadi gestern Abend darstellen soll. Ganz gut ersichtlich wird die Menge an verschiedenen Erlebnissen und auch wie unregelmäßig wir Zugang zu Nahrungsmitteln erlangen konnten. Nicht abgebildet ist wie viele Personen wir in dem kurzen Zeitraum kennenlernten. Mit diversen Freunden, Onkeln, Tanten oder Cousins unseres Gastgebers Tiam* schüttelten wir Hände; mit einigen verstanden wir uns richtig gut. So zum Beispiel mit Malik*, der in angenehm zurückhaltender Weise eine innere Herzlichkeit ausstrahlte. Vor drei Jahren pflanzte er gut 10km von Behbahan entfernt einen Beerenstrauch, taufte ihn „Baum der Hoffnung“, und kümmert sich seither mit großer Hingabe um ihn.
Ebenfalls aus dem Zeitstrahl nicht zu ersehen ist mit welcher Ohnmacht wir als passive Teilnehmer diesem Programm beiwohnten und wie chancenlos wir waren auch nur einen kleinen Einfluss auf den Ablauf zu nehmen. Als Tiam* uns vom Busbahnhof in Behbahan abholte, sammelten wir Malik* und seine Freundin Taraneh* ein und fuhren direkt zu Amir*, wo die erste kleine Privat-Fete stieg. Zum Haus von Tiams* Familie kamen wir zum ersten Mal erst nachts gegen halb Drei. Die Idee mit der Hochzeit entstand – wie schon beschrieben – recht plötzlich durch einen Telefonanruf eines Freundes um kurz nach 18Uhr abends. Ob wir darauf überhaupt Lust hatten, wurden wir nie gefragt. Es war einfach der neue Plan.
Auch gestern, nachdem unser Versuch Bustickets nach Abadan zu kaufen gescheitert war, wurde es noch einmal wild. Obwohl er uns zwei Stunden zuvor davon abgeraten hatte, die Strecke per Anhalter zurückzulegen, weil dies zu gefährlich sei, entschied sich Tiam* plötzlich dafür mit uns zusammen nach Abadan zu trampen, um dort Familie von ihm zu besuchen. Es ist möglich, dass Tiam* es nur gut meinte und uns so eine Möglichkeit kreieren wollte zusammen mit ihm als Local doch noch am gleichen Tag und sicher nach Abadan zu gelangen. Er verpasste es aber immer, seine Pläne wenigstens ein bisschen zu erklären und auch auf Nachfragen hin bekamen wir nur selten Infos, die uns die Lage besser beschrieben. Deshalb fühlte es [sich] für mich manchmal so an als sei ich gefangen und jedem Mitspracherecht beraubt worden.
Neben Tiams* individueller Persönlichkeit spielen dabei vermutlich auch ganz grundsätzliche, kulturelle Unterschiede eine Rolle. Es ist ja schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass ich mich so gefühlt habe. Schon häufig haben wir erlebt, dass es sich im Iran kaum lohnt, konkrete Tagespläne zu schmieden, weil es dann ohnehin anders kommt, als wir es erwartet hatten. Busse brauchen Stunden länger als gedacht, um ihr Ziel zu erreichen, Feiertage, Wochenenden und ausgiebige Siesta-Zeiten erschweren uns das Leben und vor allem die Menschen um uns herum sind konstant damit beschäftigt ihre eigenen Pläne wieder umzuschmeißen.
Nun klingt es so als sei alles in Behbahan absolut schlimm gewesen. Das war natürlich bei Weitem nicht so. Tiam* war ein eher ruhiger Charakter und interessiert an seiner Umgebung. Er reist gerne durch sein eigenes Land, er kümmert sich um die Umwelt. Zum ersten Mal sah ich wie jemand fremden Plastik-Müll vom Boden aufhob. Er hat ziemlich konkrete, politische Vorstellungen, verachtet den Islam in all seinen Formen. Anders als sein enger Freund Malik*, der von sozialistischen Ideen gepackt ist, wünscht sich Tiam* den Schah beziehungsweise dessen Sohn zurück. Es sei die einzige realistische Machtalternative zum derzeitigen Regime. „Ein Jahr noch“, würde es dauern bis zum Umsturz, „Vielleicht auch zwei…“. Das sagte er immer wieder. Im Gegensatz zu allen anderen Meckerern und Nörglern, die wir zuvor getroffen haben und die sich eine Revolution lieber gestern als heute wünschen würden, spricht Tiam* davon aber nicht nur im Privaten. Bis zum Äußersten stritt er sich mit einem gläubigen Moslem, der uns im Sammel-Taxi begleitete. In einem Land, in dem man für „Abfall vom islamischen Glauben“ den Strick sehen kann, gehört eine gewaltige Portion Mumm dazu, solche Positionen auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Darüber hinaus nahmen wir aus Behbahan massenweise interessante Eindrücke mit. Hier in Chuzestan haben wir tatsächlich den Frühling gefunden! Die Temperaturen sind angenehm warm. Alles ist grün, von saftigen Gras-Wiesen überzogen. Dazu gesellen sich verschiedenste Blumen in Rot, Blau oder Flieder. Rapsfelder erstrahlen in intensivem Gelb.
Im Osten der Provinz bei Behbahan ist es leicht hügelig und dadurch wunderschön. Zusammen mit Malik* und Tiam* besuchten wir einen kleinen Stausee, der sich in zwei engen Kurven um die Erhebungen windet. Gestern fuhren wir zu einem Canyon, der mit einigen Höhlen und Felsvorsprüngen Unterschlupf vor Regen oder Sonne bietet. Auch hier war alles bezaubernd grün.
Auf dem Weg Richtung Westen verschwanden die Hügel allmählich und gaben letztlich Platz für eine komplett flache Ebene, die mit Lagunen und Sumpfflächen gespickt beinahe Teil des Persischen Golfes sein könnte.

Von anderen Dingen, unter anderem von der Hochzeit, berichte ich später. Jetzt möchten wir zunächst einmal Abadan erkunden.

Nun klingt es so als sei alles in Behbahan absolut schlimm gewesen. Das war natürlich bei Weitem nicht so. Tiam* war ein eher ruhiger Charakter und interessiert an seiner Umgebung. Er reist gerne durch sein eigenes Land, er kümmert sich um die Umwelt. Zum ersten Mal sah ich wie jemand fremden Plastik-Müll vom Boden aufhob. Er hat ziemlich konkrete, politische Vorstellungen, verachtet den Islam in all seinen Formen. Anders als sein enger Freund Malik*, der von sozialistischen Ideen gepackt ist, wünscht sich Tiam* den Schah beziehungsweise dessen Sohn zurück. Es sei die einzige realistische Machtalternative zum derzeitigen Regime. „Ein Jahr noch“, würde es dauern bis zum Umsturz, „Vielleicht auch zwei…“. Das sagte er immer wieder. Im Gegensatz zu allen anderen Meckerern und Nörglern, die wir zuvor getroffen haben und die sich eine Revolution lieber gestern als heute wünschen würden, spricht Tiam* davon aber nicht nur im Privaten. Bis zum Äußersten stritt er sich mit einem gläubigen Moslem, der uns im Sammel-Taxi begleitete. In einem Land, in dem man für „Abfall vom islamischen Glauben“ den Strick sehen kann, gehört eine gewaltige Portion Mumm dazu, solche Positionen auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Darüber hinaus nahmen wir aus Behbahan massenweise interessante Eindrücke mit. Hier in Chuzestan haben wir tatsächlich den Frühling gefunden! Die Temperaturen sind angenehm warm. Alles ist grün, von saftigen Gras-Wiesen überzogen. Dazu gesellen sich verschiedenste Blumen in Rot, Blau oder Flieder. Rapsfelder erstrahlen in intensivem Gelb.
Im Osten der Provinz bei Behbahan ist es leicht hügelig und dadurch wunderschön. Zusammen mit Malik* und Tiam* besuchten wir einen kleinen Stausee, der sich in zwei engen Kurven um die Erhebungen windet. Gestern fuhren wir zu einem Canyon, der mit einigen Höhlen und Felsvorsprüngen Unterschlupf vor Regen oder Sonne bietet. Auch hier war alles bezaubernd grün.
Auf dem Weg Richtung Westen verschwanden die Hügel allmählich und gaben letztlich Platz für eine komplett flache Ebene, die mit Lagunen und Sumpfflächen gespickt beinahe Teil des Persischen Golfes sein könnte.

Von anderen Dingen, unter anderem von der Hochzeit, berichte ich später. Jetzt möchten wir zunächst einmal Abadan erkunden.

Gerade einmal 700m sind es von unserem Hotel bis zum Schatt al-Arab beziehungsweise bis zum Arvandrud, einem gewaltigen Strom, der aus dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris erwächst. In Abadan markiert er eine Staatsgrenze. Am anderen Ufer sahen wir zum ersten Mal den Irak mit eigenen Augen.
Nun noch zu einigen Details aus Behbahan. Zusammen mit Tiams* Freunden wurde erneut ganz offensichtlich wie anders der Iran hinter verschlossener Haustür sein kann. Amir* arbeitet als Untergrund-DJ in Teheran und hatte schweres Equipment im Wohnzimmer aufgebaut. An einer Traverse hingen einige Party-Lampen, aus den großen Boxen ertönte selbst gemischte Musik. Neben hausgemachtem Wein wurden wir auch zu Arak eingeladen, einem klaren, natürlich selbst gebrannten Schnaps, der entweder als „Wodka“ oder mit einem Schuss Malzbier für die Farbe als „Whiskey“ getrunken wurde. Auch auf der zweiten Party, die wir in der Nacht von Donnerstag auf Freitag besuchten, wurde viel Alkohol getrunken. Außerdem liefen ein paar Mädels mit wirklich wuchtigen Formen in viel zu engen, aufreizenden Kleidern umher und waren darüberhinaus im Gesich[t] mit einer massiven Schicht Make-Up bepinselt. Sie hätten genau so auch an einer dunklen Straßenecke in Bahnhofsnähe stehen können.
Die Hochzeit hätte – aus unserer Perspektive betrachtet – trauriger kaum wirken können. Gefeiert wurde in einer riesigen Halle, die sich in drei Säle der immer gleichen Kargheit aus weißen Wänden aufteilte. Der erste war praktisch eine Kantine, mit simplen, ewig langen Tischen, die lieblos in Reih und Glied gestellt worden waren. Hier wurde die Meute mit Reis und Kebab [ge]füttert. Im Hauptsaal waren gleich mehrere Stuhlreihen auf die Tanzfläche hin ausgerichtet. Und das war es auch schon fast in diesem Raum. Eine Theke oder Ähnliches suchte man vergebens. Hin und wieder liefen Menschen mit Wasserflaschen und Plastik-Bechern umher. Getoppt wurde all das aber im dritten Raum. Hier spielte die Live-Band und zwar genau vor niemandem. Die Musik wurde über Mikrofone in den Hauptsaal übertragen. Vermutlich haben wir einfach andere Vorstellungen davon, was solch eine Hochzeitsfeier zu einer schönen werden lässt und was dabei wichtig ist. Hinzu kommen die Regeln der Islamischen Republik. Bis um ungefähr 23Uhr mussten Frauen und Männer getrennt feiern. Der Band ist es schlichtweg verboten im Hauptraum aufzutreten, weil die männlichen Musiker keinen Frauen beim Tanzen zusehen können sollen. Nur die Kopftücher saßen an diesem Abend bei vielen weiblichen Gästen erstaunlich locker oder wurden gar nicht mehr getragen – zumindest solange bis gegen 1Uhr die Lichter ausgingen und die Party zu Ende gehen musste.
Gerade einmal 700m sind es von unserem Hotel bis zum Schatt al-Arab beziehungsweise bis zum Arvandrud, einem gewaltigen Strom, der aus dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris erwächst. In Abadan markiert er eine Staatsgrenze. Am anderen Ufer sahen wir zum ersten Mal den Irak mit eigenen Augen.
Nun noch zu einigen Details aus Behbahan. Zusammen mit Tiams* Freunden wurde erneut ganz offensichtlich wie anders der Iran hinter verschlossener Haustür sein kann. Amir* arbeitet als Untergrund-DJ in Teheran und hatte schweres Equipment im Wohnzimmer aufgebaut. An einer Traverse hingen einige Party-Lampen, aus den großen Boxen ertönte selbst gemischte Musik. Neben hausgemachtem Wein wurden wir auch zu Arak eingeladen, einem klaren, natürlich selbst gebrannten Schnaps, der entweder als „Wodka“ oder mit einem Schuss Malzbier für die Farbe als „Whiskey“ getrunken wurde. Auch auf der zweiten Party, die wir in der Nacht von Donnerstag auf Freitag besuchten, wurde viel Alkohol getrunken. Außerdem liefen ein paar Mädels mit wirklich wuchtigen Formen in viel zu engen, aufreizenden Kleidern umher und waren darüberhinaus im Gesich[t] mit einer massiven Schicht Make-Up bepinselt. Sie hätten genau so auch an einer dunklen Straßenecke in Bahnhofsnähe stehen können.
Die Hochzeit hätte – aus unserer Perspektive betrachtet – trauriger kaum wirken können. Gefeiert wurde in einer riesigen Halle, die sich in drei Säle der immer gleichen Kargheit aus weißen Wänden aufteilte. Der erste war praktisch eine Kantine, mit simplen, ewig langen Tischen, die lieblos in Reih und Glied gestellt worden waren. Hier wurde die Meute mit Reis und Kebab [ge]füttert. Im Hauptsaal waren gleich mehrere Stuhlreihen auf die Tanzfläche hin ausgerichtet. Und das war es auch schon fast in diesem Raum. Eine Theke oder Ähnliches suchte man vergebens. Hin und wieder liefen Menschen mit Wasserflaschen und Plastik-Bechern umher. Getoppt wurde all das aber im dritten Raum. Hier spielte die Live-Band und zwar genau vor niemandem. Die Musik wurde über Mikrofone in den Hauptsaal übertragen. Vermutlich haben wir einfach andere Vorstellungen davon, was solch eine Hochzeitsfeier zu einer schönen werden lässt und was dabei wichtig ist. Hinzu kommen die Regeln der Islamischen Republik. Bis um ungefähr 23Uhr mussten Frauen und Männer getrennt feiern. Der Band ist es schlichtweg verboten im Hauptraum aufzutreten, weil die männlichen Musiker keinen Frauen beim Tanzen zusehen können sollen. Nur die Kopftücher saßen an diesem Abend bei vielen weiblichen Gästen erstaunlich locker oder wurden gar nicht mehr getragen – zumindest solange bis gegen 1Uhr die Lichter ausgingen und die Party zu Ende gehen musste.
Profil

Michael

liebt es zu reisen und dabei die Welt zu beobachten. Während er unterwegs ist, tauscht er alle Hobbies gegen eines ein: Journal führen. Mit exzessiver Akribie malt er stundenlang Karten, gestaltet Übersichts-Tabellen und schreibt Erlebtes nieder.

* Damit ich niemanden in ernsthafte Probleme bringe, habe ich die mit * markierten Personen pseudonymisiert.

Kommentare

Leave a Reply

Profil

Hey, ich bin Michael...

… und sehe mich als abenteuerfreudigen und neugierigen Reisenden. Dabei faszinieren mich ganz besonders Begegnungen bei der Fahrt per Anhalter, Navigation mit Karte und Grenzübertritte jeder Art.
Fast täglich schreibe ich auf diesen Reisen mit großer Hingabe in ein Journal. Mit meiner Kamera halte ich besondere Momente als Foto fest.

Dein Weg zu mir

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar auf den Foto-Seiten: Egal ob Anregungen, Fragen oder Kritik – jedes Feedback von dir ist ein riesiger Motivationsschub für mich!

Gerne kannst du direkt mit mir Kontakt aufnehmen:
Du findest mein Projekt so stark, dass du mich unbedingt finanziell unterstützen möchtest? Dann gibt es tatsächlich eine Möglichkeit 🙂

News

Launch der digitalen Ausstellung

Zeitgleich mit dem Beginn der analogen Ausstellung in der TurnVilla, startet heute auch die digitale Ausstellung auf dieser Website. Ab

Die Ausstellung ist eröffnet!

Seit heute sind die 11 Motive dieser Foto-Ausstellung in der TurnVilla des TV Emsdetten zu sehen! Außerdem hängen dort die