Sonnenuntergang in Yazd

Sonnenuntergang in Yazd

Journal

“The city is Yazd”, rief uns ein vor Freundlichkeit strahlender Lkw-Fahrer zu, als wir beim Ortsausgang von Tabas am Rande der geteerten Straße standen, die von dort aus direkt in die Wüste führt. Zeki*, so hieß der 34jährige Mann, der uns in die Fahrerkabine seines Benzin-Lasters einlud und mit dem zusammen wir die nächsten 350km durch die nicht enden wollende Einöde bestritten. Welch heitere und berauschende Begegnung! Die wenigen Phrasen auf Englisch von Zeki* standen unserem noch viel geringerem Wortschatz in Farsi gegenüber und doch unterhielten wir uns in den gut fünf Stunden fast ununterbrochen miteinander. Dies lag nicht zuletzt auch an der Kreativität von Zeki*. Mit immer neuen, einfallsreichen Gesten und pantomimischen Kurz-Einlagen konnte er sich verständlich machen, wenn die Wörter nicht mehr ausreichten. So sprachen wir über unsere Familien, scherzten über die führenden Köpfe des Landes („ayatollah meymun“ = wörtlich „Ayatollah Affen“) oder berichteten von unseren bisherigen Reisen. Auch Zeki* ist schon gut herum gekommen, fuhr mit seinem Lkw bis nach Istanbul und Jerewan, war bereits in Turkmenistan und sogar in Kabul in Afghanistan. Inmitten der zumeist steinigen und felsigen Wüste hielten wir kurz an, um einige Fotos auf einer kleinen Sanddüne zu knipsen. Zur Mittagszeit, kurz nachdem wir eine Gruppe von neun Kamelen dabei beobachtet hatten, wie sie durch die einsame Landschaft zogen, stoppten wir etwas länger und bekamen Reis mit Brot und einer Linsen-Kartoffel-Sauce serviert. Zekis* Mutter hatte vorgekocht und unser neuer Freund zog wie selbstverständlich einen Gaskocher aus einer Ecke hervor. Im Verlauf des Nachmittags spielten wir dann ein Autoratespiel und hatten dabei nicht den Hauch einer Chance. Schon wenn das entgegenkommende Fahrzeug noch weit entfernt und gerade mal als kleiner Punkt zu erkennen war, konnte Zeki* treffsicher die Marke und auch das entsprechende Herkunftsland bestimmen. Unvergesslich werden einige seiner englischen Sätze bleiben, die zwar meistens im Kontext verständlich, manchmal aber auf eine sehr niedliche Art und Weise nicht ganz korrekt waren. Mehrfach schaute er uns zum Beispiel mit erhobener Thermoskanne in der Hand an und fragte: „Making tea?“. Im Gegensatz dazu wird voraussichtlich für immer rätselhaft bleiben, was er uns mit einem anderen Ausdruck eigentlich sagen wollte. Denn bestimmt ein gutes Dutzend Mal während der Fahrt, einfach mitten im Gespräch und ohne erkennbares Muster sagte Zeki* plötzlich: „see you later“.
“The city is Yazd”, rief uns ein vor Freundlichkeit strahlender Lkw-Fahrer zu, als wir beim Ortsausgang von Tabas am Rande der geteerten Straße standen, die von dort aus direkt in die Wüste führt. Zeki*, so hieß der 34jährige Mann, der uns in die Fahrerkabine seines Benzin-Lasters einlud und mit dem zusammen wir die nächsten 350km durch die nicht enden wollende Einöde bestritten. Welch heitere und berauschende Begegnung! Die wenigen Phrasen auf Englisch von Zeki* standen unserem noch viel geringerem Wortschatz in Farsi gegenüber und doch unterhielten wir uns in den gut fünf Stunden fast ununterbrochen miteinander. Dies lag nicht zuletzt auch an der Kreativität von Zeki*. Mit immer neuen, einfallsreichen Gesten und pantomimischen Kurz-Einlagen konnte er sich verständlich machen, wenn die Wörter nicht mehr ausreichten. So sprachen wir über unsere Familien, scherzten über die führenden Köpfe des Landes („ayatollah meymun“ = wörtlich „Ayatollah Affen“) oder berichteten von unseren bisherigen Reisen. Auch Zeki* ist schon gut herum gekommen, fuhr mit seinem Lkw bis nach Istanbul und Jerewan, war bereits in Turkmenistan und sogar in Kabul in Afghanistan. Inmitten der zumeist steinigen und felsigen Wüste hielten wir kurz an, um einige Fotos auf einer kleinen Sanddüne zu knipsen. Zur Mittagszeit, kurz nachdem wir eine Gruppe von neun Kamelen dabei beobachtet hatten, wie sie durch die einsame Landschaft zogen, stoppten wir etwas länger und bekamen Reis mit Brot und einer Linsen-Kartoffel-Sauce serviert. Zekis* Mutter hatte vorgekocht und unser neuer Freund zog wie selbstverständlich einen Gaskocher aus einer Ecke hervor. Im Verlauf des Nachmittags spielten wir dann ein Autoratespiel und hatten dabei nicht den Hauch einer Chance. Schon wenn das entgegenkommende Fahrzeug noch weit entfernt und gerade mal als kleiner Punkt zu erkennen war, konnte Zeki* treffsicher die Marke und auch das entsprechende Herkunftsland bestimmen. Unvergesslich werden einige seiner englischen Sätze bleiben, die zwar meistens im Kontext verständlich, manchmal aber auf eine sehr niedliche Art und Weise nicht ganz korrekt waren. Mehrfach schaute er uns zum Beispiel mit erhobener Thermoskanne in der Hand an und fragte: „Making tea?“. Im Gegensatz dazu wird voraussichtlich für immer rätselhaft bleiben, was er uns mit einem anderen Ausdruck eigentlich sagen wollte. Denn bestimmt ein gutes Dutzend Mal während der Fahrt, einfach mitten im Gespräch und ohne erkennbares Muster sagte Zeki* plötzlich: „see you later“.
Welch bezauberndes Panorama wir gerade genießen. Mitten im Zentrum der insgesamt sehr flach gehaltenen Großstadt reicht es vollkommen aus, auf einer Dachterrasse im zweiten Geschoss zu verweilen. Um uns herum breitet sich eine friedlich wirkende Ansammlung erdfarbener Lehmhäuser aus. In zwei Richtungen wird Yazd eingefasst von markanten Hügelketten, die sich bis über die 4000-Marke hinauf schwingen. Die Skyline der Stadt wird bestimmt von diesen so charakteristischen Windtürmen. Gleich zwei oder drei Dutzend dieser rechteckigen Stelen sind in der näheren Umgebung zu erkennen, während sie die umliegenden Dächer um einige Meter überragen. Dazwischen ragen einige Moscheen mit dünnen und hohen Minaretten oder mit bauchigen Kuppeln in den nun immer dunkler werdenden Abendhimmel. Viele sind mit blauen Mosaik-Verzierungen dekoriert. Im Vorhof spielen einige Kinder Fußball. Aus der Ferne ertönt der Gesang eines Muezzins. Ansonsten ist es still.
Welch bezauberndes Panorama wir gerade genießen. Mitten im Zentrum der insgesamt sehr flach gehaltenen Großstadt reicht es vollkommen aus, auf einer Dachterrasse im zweiten Geschoss zu verweilen. Um uns herum breitet sich eine friedlich wirkende Ansammlung erdfarbener Lehmhäuser aus. In zwei Richtungen wird Yazd eingefasst von markanten Hügelketten, die sich bis über die 4000-Marke hinauf schwingen. Die Skyline der Stadt wird bestimmt von diesen so charakteristischen Windtürmen. Gleich zwei oder drei Dutzend dieser rechteckigen Stelen sind in der näheren Umgebung zu erkennen, während sie die umliegenden Dächer um einige Meter überragen. Dazwischen ragen einige Moscheen mit dünnen und hohen Minaretten oder mit bauchigen Kuppeln in den nun immer dunkler werdenden Abendhimmel. Viele sind mit blauen Mosaik-Verzierungen dekoriert. Im Vorhof spielen einige Kinder Fußball. Aus der Ferne ertönt der Gesang eines Muezzins. Ansonsten ist es still.
Immer wieder streifen wir einfach durch die Gassen und Straßen von Yazd und lassen uns treiben. Sowohl am Freitag als auch heute besuchten wir dabei auch einige religiöse Stätten. Obwohl der Iran genau wie die Türkei ein vom Islam geprägtes Land ist und fast alle Einwohner Moslems sind, fallen uns immer wieder Unterschiede auf.
Quasi direkt ins Auge springt das äußere Erscheinungsbild der Moscheen. Waren in der Türkei die meisten Gebetshäuser von außen eher schlicht gehalten, mit Backsteinen verkleidet oder in unaufregenden Farben verputzt, so sind hier im Iran insbesondere die großen, bauchigen Kuppeln sowie die schlank gehaltenen Minarette mit aufwendig gestalteten Mosaiken ausgeschmückt. Detailverliebte und wunderschöne Muster erstrahlen meist in türkis- oder dunkelblauen Farben und können uns immer wieder aufs Neue begeistern.
Viele Differenzen rühren auch daher, dass die Türkei von sunnitischen Muslimen bewohnt wird, während der Großteil der Iraner der schiitischen Auslegung des Islam folgen. So beten die Schiiten beispielsweise nicht fünf Mal am Tag sondern nur drei Mal. Anders als die Sunniten, die bei diesem Ritual niederknien und beim Vorbeugen mit der Stirn den Boden berühren, legen die Schiiten ihren Kopf beim Gebet auf einem kleinen Stein ab. So lässt sich auch beim Betreten einer Moschee schnell ihre konfessionelle Richtung bestimmen. In schiitischen Gotteshäusern findet man im Eingangsbereich nämlich stets ein oder zwei Behältnisse, aus denen man sich einen der sandfarbenen Steine ausleihen kann.
Auch der Adhan, also der Ruf zum Gebet, der vom Muezzin über die Lautsprecher der Minarette vorgetragen wird, ist hier ganz anders. In der Türkei wurde lediglich der standardmäßige Text, den ich nebenstehend mit Transliteration und Übersetzung aus dem Arabischen eingetragen habe, in einem schönen Sing-Sang vorgetragen. Im Iran dagegen wird der Adhan durch teils recht lange und monoton wirkende Monologe ergänzt. Etwas verwirrend für uns war es, dass manche Begriffe anders verwendet werden. Ein Imam in der Türkei ist der Vorbeter und damit der geistliche Führer der Gemeinde einer Moschee. Bei den Schiiten ist diese Bezeichnung für die historischen Zwölf Imame und gegebenenfalls noch für einige ihrer Nachfahren reserviert. Die religiösen Anleiter innerhalb der Moscheen werden im Iran Scheich genannt.
Adhan
Während sich die Sunniten sehr auf die heiligen Orte in den saudi-arabischen Städten Mekka und Medina konzentrieren, sind für die Schiiten auch Schreine, also Begräbnisstätten der Imame und ihrer Nachfahren, von großer Bedeutung und bilden zusätzliche Wallfahrtsorte.
Immer wieder streifen wir einfach durch die Gassen und Straßen von Yazd und lassen uns treiben. Sowohl am Freitag als auch heute besuchten wir dabei auch einige religiöse Stätten. Obwohl der Iran genau wie die Türkei ein vom Islam geprägtes Land ist und fast alle Einwohner Moslems sind, fallen uns immer wieder Unterschiede auf.
Quasi direkt ins Auge springt das äußere Erscheinungsbild der Moscheen. Waren in der Türkei die meisten Gebetshäuser von außen eher schlicht gehalten, mit Backsteinen verkleidet oder in unaufregenden Farben verputzt, so sind hier im Iran insbesondere die großen, bauchigen Kuppeln sowie die schlank gehaltenen Minarette mit aufwendig gestalteten Mosaiken ausgeschmückt. Detailverliebte und wunderschöne Muster erstrahlen meist in türkis- oder dunkelblauen Farben und können uns immer wieder aufs Neue begeistern.
Viele Differenzen rühren auch daher, dass die Türkei von sunnitischen Muslimen bewohnt wird, während der Großteil der Iraner der schiitischen Auslegung des Islam folgen. So beten die Schiiten beispielsweise nicht fünf Mal am Tag sondern nur drei Mal. Anders als die Sunniten, die bei diesem Ritual niederknien und beim Vorbeugen mit der Stirn den Boden berühren, legen die Schiiten ihren Kopf beim Gebet auf einem kleinen Stein ab. So lässt sich auch beim Betreten einer Moschee schnell ihre konfessionelle Richtung bestimmen. In schiitischen Gotteshäusern findet man im Eingangsbereich nämlich stets ein oder zwei Behältnisse, aus denen man sich einen der sandfarbenen Steine ausleihen kann.
Auch der Adhan, also der Ruf zum Gebet, der vom Muezzin über die Lautsprecher der Minarette vorgetragen wird, ist hier ganz anders. In der Türkei wurde lediglich der standardmäßige Text, den ich nebenstehend mit Transliteration und Übersetzung aus dem Arabischen eingetragen habe, in einem schönen Sing-Sang vorgetragen. Im Iran dagegen wird der Adhan durch teils recht lange und monoton wirkende Monologe ergänzt. Etwas verwirrend für uns war es, dass manche Begriffe anders verwendet werden. Ein Imam in der Türkei ist der Vorbeter und damit der geistliche Führer der Gemeinde einer Moschee. Bei den Schiiten ist diese Bezeichnung für die historischen Zwölf Imame und gegebenenfalls noch für einige ihrer Nachfahren reserviert. Die religiösen Anleiter innerhalb der Moscheen werden im Iran Scheich genannt.
Adhan
Während sich die Sunniten sehr auf die heiligen Orte in den saudi-arabischen Städten Mekka und Medina konzentrieren, sind für die Schiiten auch Schreine, also Begräbnisstätten der Imame und ihrer Nachfahren, von großer Bedeutung und bilden zusätzliche Wallfahrtsorte.
Profil

Michael

liebt es zu reisen und dabei die Welt zu beobachten. Während er unterwegs ist, tauscht er alle Hobbies gegen eines ein: Journal führen. Mit exzessiver Akribie malt er stundenlang Karten, gestaltet Übersichts-Tabellen und schreibt Erlebtes nieder.

* Damit ich niemanden in ernsthafte Probleme bringe, habe ich die mit * markierten Personen pseudonymisiert.

Kommentare

Leave a Reply

Profil

Hey, ich bin Michael...

… und sehe mich als abenteuerfreudigen und neugierigen Reisenden. Dabei faszinieren mich ganz besonders Begegnungen bei der Fahrt per Anhalter, Navigation mit Karte und Grenzübertritte jeder Art.
Fast täglich schreibe ich auf diesen Reisen mit großer Hingabe in ein Journal. Mit meiner Kamera halte ich besondere Momente als Foto fest.

Dein Weg zu mir

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar auf den Foto-Seiten: Egal ob Anregungen, Fragen oder Kritik – jedes Feedback von dir ist ein riesiger Motivationsschub für mich!

Gerne kannst du direkt mit mir Kontakt aufnehmen:
Du findest mein Projekt so stark, dass du mich unbedingt finanziell unterstützen möchtest? Dann gibt es tatsächlich eine Möglichkeit 🙂

News

Launch der digitalen Ausstellung

Zeitgleich mit dem Beginn der analogen Ausstellung in der TurnVilla, startet heute auch die digitale Ausstellung auf dieser Website. Ab

Die Ausstellung ist eröffnet!

Seit heute sind die 11 Motive dieser Foto-Ausstellung in der TurnVilla des TV Emsdetten zu sehen! Außerdem hängen dort die

Journal

“The city is Yazd”, rief uns ein vor Freundlichkeit strahlender Lkw-Fahrer zu, als wir beim Ortsausgang von Tabas am Rande der geteerten Straße standen, die von dort aus direkt in die Wüste führt. Zeki*, so hieß der 34jährige Mann, der uns in die Fahrerkabine seines Benzin-Lasters einlud und mit dem zusammen wir die nächsten 350km durch die nicht enden wollende Einöde bestritten. Welch heitere und berauschende Begegnung! Die wenigen Phrasen auf Englisch von Zeki* standen unserem noch viel geringerem Wortschatz in Farsi gegenüber und doch unterhielten wir uns in den gut fünf Stunden fast ununterbrochen miteinander. Dies lag nicht zuletzt auch an der Kreativität von Zeki*. Mit immer neuen, einfallsreichen Gesten und pantomimischen Kurz-Einlagen konnte er sich verständlich machen, wenn die Wörter nicht mehr ausreichten. So sprachen wir über unsere Familien, scherzten über die führenden Köpfe des Landes („ayatollah meymun“ = wörtlich „Ayatollah Affen“) oder berichteten von unseren bisherigen Reisen. Auch Zeki* ist schon gut herum gekommen, fuhr mit seinem Lkw bis nach Istanbul und Jerewan, war bereits in Turkmenistan und sogar in Kabul in Afghanistan. Inmitten der zumeist steinigen und felsigen Wüste hielten wir kurz an, um einige Fotos auf einer kleinen Sanddüne zu knipsen. Zur Mittagszeit, kurz nachdem wir eine Gruppe von neun Kamelen dabei beobachtet hatten, wie sie durch die einsame Landschaft zogen, stoppten wir etwas länger und bekamen Reis mit Brot und einer Linsen-Kartoffel-Sauce serviert. Zekis* Mutter hatte vorgekocht und unser neuer Freund zog wie selbstverständlich einen Gaskocher aus einer Ecke hervor. Im Verlauf des Nachmittags spielten wir dann ein Autoratespiel und hatten dabei nicht den Hauch einer Chance. Schon wenn das entgegenkommende Fahrzeug noch weit entfernt und gerade mal als kleiner Punkt zu erkennen war, konnte Zeki* treffsicher die Marke und auch das entsprechende Herkunftsland bestimmen. Unvergesslich werden einige seiner englischen Sätze bleiben, die zwar meistens im Kontext verständlich, manchmal aber auf eine sehr niedliche Art und Weise nicht ganz korrekt waren. Mehrfach schaute er uns zum Beispiel mit erhobener Thermoskanne in der Hand an und fragte: „Making tea?“. Im Gegensatz dazu wird voraussichtlich für immer rätselhaft bleiben, was er uns mit einem anderen Ausdruck eigentlich sagen wollte. Denn bestimmt ein gutes Dutzend Mal während der Fahrt, einfach mitten im Gespräch und ohne erkennbares Muster sagte Zeki* plötzlich: „see you later“.
“The city is Yazd”, rief uns ein vor Freundlichkeit strahlender Lkw-Fahrer zu, als wir beim Ortsausgang von Tabas am Rande der geteerten Straße standen, die von dort aus direkt in die Wüste führt. Zeki*, so hieß der 34jährige Mann, der uns in die Fahrerkabine seines Benzin-Lasters einlud und mit dem zusammen wir die nächsten 350km durch die nicht enden wollende Einöde bestritten. Welch heitere und berauschende Begegnung! Die wenigen Phrasen auf Englisch von Zeki* standen unserem noch viel geringerem Wortschatz in Farsi gegenüber und doch unterhielten wir uns in den gut fünf Stunden fast ununterbrochen miteinander. Dies lag nicht zuletzt auch an der Kreativität von Zeki*. Mit immer neuen, einfallsreichen Gesten und pantomimischen Kurz-Einlagen konnte er sich verständlich machen, wenn die Wörter nicht mehr ausreichten. So sprachen wir über unsere Familien, scherzten über die führenden Köpfe des Landes („ayatollah meymun“ = wörtlich „Ayatollah Affen“) oder berichteten von unseren bisherigen Reisen. Auch Zeki* ist schon gut herum gekommen, fuhr mit seinem Lkw bis nach Istanbul und Jerewan, war bereits in Turkmenistan und sogar in Kabul in Afghanistan. Inmitten der zumeist steinigen und felsigen Wüste hielten wir kurz an, um einige Fotos auf einer kleinen Sanddüne zu knipsen. Zur Mittagszeit, kurz nachdem wir eine Gruppe von neun Kamelen dabei beobachtet hatten, wie sie durch die einsame Landschaft zogen, stoppten wir etwas länger und bekamen Reis mit Brot und einer Linsen-Kartoffel-Sauce serviert. Zekis* Mutter hatte vorgekocht und unser neuer Freund zog wie selbstverständlich einen Gaskocher aus einer Ecke hervor. Im Verlauf des Nachmittags spielten wir dann ein Autoratespiel und hatten dabei nicht den Hauch einer Chance. Schon wenn das entgegenkommende Fahrzeug noch weit entfernt und gerade mal als kleiner Punkt zu erkennen war, konnte Zeki* treffsicher die Marke und auch das entsprechende Herkunftsland bestimmen. Unvergesslich werden einige seiner englischen Sätze bleiben, die zwar meistens im Kontext verständlich, manchmal aber auf eine sehr niedliche Art und Weise nicht ganz korrekt waren. Mehrfach schaute er uns zum Beispiel mit erhobener Thermoskanne in der Hand an und fragte: „Making tea?“. Im Gegensatz dazu wird voraussichtlich für immer rätselhaft bleiben, was er uns mit einem anderen Ausdruck eigentlich sagen wollte. Denn bestimmt ein gutes Dutzend Mal während der Fahrt, einfach mitten im Gespräch und ohne erkennbares Muster sagte Zeki* plötzlich: „see you later“.
Welch bezauberndes Panorama wir gerade genießen. Mitten im Zentrum der insgesamt sehr flach gehaltenen Großstadt reicht es vollkommen aus, auf einer Dachterrasse im zweiten Geschoss zu verweilen. Um uns herum breitet sich eine friedlich wirkende Ansammlung erdfarbener Lehmhäuser aus. In zwei Richtungen wird Yazd eingefasst von markanten Hügelketten, die sich bis über die 4000-Marke hinauf schwingen. Die Skyline der Stadt wird bestimmt von diesen so charakteristischen Windtürmen. Gleich zwei oder drei Dutzend dieser rechteckigen Stelen sind in der näheren Umgebung zu erkennen, während sie die umliegenden Dächer um einige Meter überragen. Dazwischen ragen einige Moscheen mit dünnen und hohen Minaretten oder mit bauchigen Kuppeln in den nun immer dunkler werdenden Abendhimmel. Viele sind mit blauen Mosaik-Verzierungen dekoriert. Im Vorhof spielen einige Kinder Fußball. Aus der Ferne ertönt der Gesang eines Muezzins. Ansonsten ist es still.
Welch bezauberndes Panorama wir gerade genießen. Mitten im Zentrum der insgesamt sehr flach gehaltenen Großstadt reicht es vollkommen aus, auf einer Dachterrasse im zweiten Geschoss zu verweilen. Um uns herum breitet sich eine friedlich wirkende Ansammlung erdfarbener Lehmhäuser aus. In zwei Richtungen wird Yazd eingefasst von markanten Hügelketten, die sich bis über die 4000-Marke hinauf schwingen. Die Skyline der Stadt wird bestimmt von diesen so charakteristischen Windtürmen. Gleich zwei oder drei Dutzend dieser rechteckigen Stelen sind in der näheren Umgebung zu erkennen, während sie die umliegenden Dächer um einige Meter überragen. Dazwischen ragen einige Moscheen mit dünnen und hohen Minaretten oder mit bauchigen Kuppeln in den nun immer dunkler werdenden Abendhimmel. Viele sind mit blauen Mosaik-Verzierungen dekoriert. Im Vorhof spielen einige Kinder Fußball. Aus der Ferne ertönt der Gesang eines Muezzins. Ansonsten ist es still.
Immer wieder streifen wir einfach durch die Gassen und Straßen von Yazd und lassen uns treiben. Sowohl am Freitag als auch heute besuchten wir dabei auch einige religiöse Stätten. Obwohl der Iran genau wie die Türkei ein vom Islam geprägtes Land ist und fast alle Einwohner Moslems sind, fallen uns immer wieder Unterschiede auf.
Quasi direkt ins Auge springt das äußere Erscheinungsbild der Moscheen. Waren in der Türkei die meisten Gebetshäuser von außen eher schlicht gehalten, mit Backsteinen verkleidet oder in unaufregenden Farben verputzt, so sind hier im Iran insbesondere die großen, bauchigen Kuppeln sowie die schlank gehaltenen Minarette mit aufwendig gestalteten Mosaiken ausgeschmückt. Detailverliebte und wunderschöne Muster erstrahlen meist in türkis- oder dunkelblauen Farben und können uns immer wieder aufs Neue begeistern.
Viele Differenzen rühren auch daher, dass die Türkei von sunnitischen Muslimen bewohnt wird, während der Großteil der Iraner der schiitischen Auslegung des Islam folgen. So beten die Schiiten beispielsweise nicht fünf Mal am Tag sondern nur drei Mal. Anders als die Sunniten, die bei diesem Ritual niederknien und beim Vorbeugen mit der Stirn den Boden berühren, legen die Schiiten ihren Kopf beim Gebet auf einem kleinen Stein ab. So lässt sich auch beim Betreten einer Moschee schnell ihre konfessionelle Richtung bestimmen. In schiitischen Gotteshäusern findet man im Eingangsbereich nämlich stets ein oder zwei Behältnisse, aus denen man sich einen der sandfarbenen Steine ausleihen kann.
Auch der Adhan, also der Ruf zum Gebet, der vom Muezzin über die Lautsprecher der Minarette vorgetragen wird, ist hier ganz anders. In der Türkei wurde lediglich der standardmäßige Text, den ich nebenstehend mit Transliteration und Übersetzung aus dem Arabischen eingetragen habe, in einem schönen Sing-Sang vorgetragen. Im Iran dagegen wird der Adhan durch teils recht lange und monoton wirkende Monologe ergänzt. Etwas verwirrend für uns war es, dass manche Begriffe anders verwendet werden. Ein Imam in der Türkei ist der Vorbeter und damit der geistliche Führer der Gemeinde einer Moschee. Bei den Schiiten ist diese Bezeichnung für die historischen Zwölf Imame und gegebenenfalls noch für einige ihrer Nachfahren reserviert. Die religiösen Anleiter innerhalb der Moscheen werden im Iran Scheich genannt.
Adhan
Während sich die Sunniten sehr auf die heiligen Orte in den saudi-arabischen Städten Mekka und Medina konzentrieren, sind für die Schiiten auch Schreine, also Begräbnisstätten der Imame und ihrer Nachfahren, von großer Bedeutung und bilden zusätzliche Wallfahrtsorte.
Immer wieder streifen wir einfach durch die Gassen und Straßen von Yazd und lassen uns treiben. Sowohl am Freitag als auch heute besuchten wir dabei auch einige religiöse Stätten. Obwohl der Iran genau wie die Türkei ein vom Islam geprägtes Land ist und fast alle Einwohner Moslems sind, fallen uns immer wieder Unterschiede auf.
Quasi direkt ins Auge springt das äußere Erscheinungsbild der Moscheen. Waren in der Türkei die meisten Gebetshäuser von außen eher schlicht gehalten, mit Backsteinen verkleidet oder in unaufregenden Farben verputzt, so sind hier im Iran insbesondere die großen, bauchigen Kuppeln sowie die schlank gehaltenen Minarette mit aufwendig gestalteten Mosaiken ausgeschmückt. Detailverliebte und wunderschöne Muster erstrahlen meist in türkis- oder dunkelblauen Farben und können uns immer wieder aufs Neue begeistern.
Viele Differenzen rühren auch daher, dass die Türkei von sunnitischen Muslimen bewohnt wird, während der Großteil der Iraner der schiitischen Auslegung des Islam folgen. So beten die Schiiten beispielsweise nicht fünf Mal am Tag sondern nur drei Mal. Anders als die Sunniten, die bei diesem Ritual niederknien und beim Vorbeugen mit der Stirn den Boden berühren, legen die Schiiten ihren Kopf beim Gebet auf einem kleinen Stein ab. So lässt sich auch beim Betreten einer Moschee schnell ihre konfessionelle Richtung bestimmen. In schiitischen Gotteshäusern findet man im Eingangsbereich nämlich stets ein oder zwei Behältnisse, aus denen man sich einen der sandfarbenen Steine ausleihen kann.
Auch der Adhan, also der Ruf zum Gebet, der vom Muezzin über die Lautsprecher der Minarette vorgetragen wird, ist hier ganz anders. In der Türkei wurde lediglich der standardmäßige Text, den ich nebenstehend mit Transliteration und Übersetzung aus dem Arabischen eingetragen habe, in einem schönen Sing-Sang vorgetragen. Im Iran dagegen wird der Adhan durch teils recht lange und monoton wirkende Monologe ergänzt. Etwas verwirrend für uns war es, dass manche Begriffe anders verwendet werden. Ein Imam in der Türkei ist der Vorbeter und damit der geistliche Führer der Gemeinde einer Moschee. Bei den Schiiten ist diese Bezeichnung für die historischen Zwölf Imame und gegebenenfalls noch für einige ihrer Nachfahren reserviert. Die religiösen Anleiter innerhalb der Moscheen werden im Iran Scheich genannt.
Adhan
Während sich die Sunniten sehr auf die heiligen Orte in den saudi-arabischen Städten Mekka und Medina konzentrieren, sind für die Schiiten auch Schreine, also Begräbnisstätten der Imame und ihrer Nachfahren, von großer Bedeutung und bilden zusätzliche Wallfahrtsorte.
Profil

Michael

liebt es zu reisen und dabei die Welt zu beobachten. Während er unterwegs ist, tauscht er alle Hobbies gegen eines ein: Journal führen. Mit exzessiver Akribie malt er stundenlang Karten, gestaltet Übersichts-Tabellen und schreibt Erlebtes nieder.

* Damit ich niemanden in ernsthafte Probleme bringe, habe ich die mit * markierten Personen pseudonymisiert.

Kommentare

Leave a Reply

Profil

Hey, ich bin Michael...

… und sehe mich als abenteuerfreudigen und neugierigen Reisenden. Dabei faszinieren mich ganz besonders Begegnungen bei der Fahrt per Anhalter, Navigation mit Karte und Grenzübertritte jeder Art.
Fast täglich schreibe ich auf diesen Reisen mit großer Hingabe in ein Journal. Mit meiner Kamera halte ich besondere Momente als Foto fest.

Dein Weg zu mir

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar auf den Foto-Seiten: Egal ob Anregungen, Fragen oder Kritik – jedes Feedback von dir ist ein riesiger Motivationsschub für mich!

Gerne kannst du direkt mit mir Kontakt aufnehmen:
Du findest mein Projekt so stark, dass du mich unbedingt finanziell unterstützen möchtest? Dann gibt es tatsächlich eine Möglichkeit 🙂

News

Launch der digitalen Ausstellung

Zeitgleich mit dem Beginn der analogen Ausstellung in der TurnVilla, startet heute auch die digitale Ausstellung auf dieser Website. Ab

Die Ausstellung ist eröffnet!

Seit heute sind die 11 Motive dieser Foto-Ausstellung in der TurnVilla des TV Emsdetten zu sehen! Außerdem hängen dort die